Bedarfsgerecht preisgünstigen Wohnraum schaffen

Redebeitrag von Björn Hinrichs zur Zweckentfremdungssatzung

Die Ratssitzung am 17. November 2020 stand ganz unter dem Eindruck von Corona. Deshalb hatten sich die Fraktionen darauf verständigt, inhaltliche Debatten aus den Fachausschüssen nicht zu wiederholen und ohne Diskussionen über die Anträge der Fraktionen sowie die Verwaltungsvorlagen abzustimmen. Unser planungspolitischer Sprecher Björn Hinrichs hat deshalb seinen Wortbeitrag zur von den Linken beantragten Zweckentfremdungssatzung nicht gehalten. Wir veröffentlichen ihn hier aber ungekürzt: 
Eine Zweckentfremdungssatzung bringt uns in Braunschweig beim Thema bezahlbarer Wohnraum nicht weiterEine Zweckentfremdungssatzung bringt uns in Braunschweig beim Thema bezahlbarer Wohnraum nicht weiter

„Satzungen sind kommunale Gesetze und damit das schärfste Schwert der kommunalen Selbstverwaltung. Genau deshalb sind sie nur in besonderen, nachvollziehbar begründbaren Fällen einzusetzen. Eine Zweckentfremdungssatzung soll verhindern, dass in einem fest definierten Gebiet der eigentliche Zweck der Nutzung von Wohnraum durch andere Nutzungen umgangen wird.

Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn

  • in einem reinen Wohngebiet ein nennenswerter Anteil der Mietwohnungen als Urlaubswohnungen (z.B. Airbnb) vermietet wird, um eine viel höhere Mietrendite zu erlangen, als dies mit einer dauerhaften langjährigen Vermietung der Fall wäre
  • oder wenn Mietwohnungen absichtlich gewerblich genutzt würden
  • oder wenn Wohnraum mehr als sechs Monate ununterbrochen leer steht

Für diese Nutzungen wäre dann eine separate Genehmigung einzuholen.

Insgesamt soll eine Zweckentfremdungssatzung dazu beitragen, bei einem knappen Wohnungsmarkt dem Markt entzogene Objekte diesem wieder zuzuführen.

Für einen Leerstand bei Wohnimmobilien kann es sehr individuelle Gründe geben, die nichts mit einer Zweckentfremdung zu tun haben. Von Streitigkeiten in einer Eigentümergemeinschaft, knappen Kassen bis hin zu Rechtsstreitigkeiten mit Bauunternehmen könnte alles dabei sein. Auch Rücksichtnahme auf Bestands-Mieter kann ein Grund für Leerstand sein, bevor eine Kernsanierung durchgeführt wird.

Der Antrag der Linksfraktion fokussiert sich auf ein Objekt in Braunschweig, das sich in der Sonnenstraße Ecke Echternstraße befindet. Zwischenzeitlich hat der Eigentümer dieser Immobilie die Kernsanierung des Objektes begonnen. Ein Leerstand ist natürlich umso bedauerlicher, je mehr Mietwohnraum nachgefragt wird. Es handelt sich aber in diesem Fall offensichtlich nicht um eine Zweckentfremdung, sondern eher um einen Investitionsstau. Diesen Umstand kann auch eine Zweckentfremdungssatzung nicht beseitigen.

Wir fordern die Verwaltung auf bei bekanntgewordenen langjährigen Leerständen gezielt die Ansprache der entsprechenden Eigentümer zu suchen. Dies hat auch in der Korfesstraße Früchte getragen. Außer den in der Presse veröffentlichten Beispielen sind uns keine weiteren größeren Leerstände bekannt. Allein auf zwei Beispiele aufbauend eine Zweckentfremdungssatzung für ganz Braunschweig zu begründen, erscheint uns zu weitreichend zu sein. Der ganz überwiegende Teil der Immobilien-Eigentümer ist daran interessiert ihre Immobilien in Schuss zu halten und langfristig zu vermieten. Die aktuell durchgeführten Bauvorhaben in Braunschweig deuten außerdem auf eine mittelfristige Entspannung des Mietwohnungsmarktes hin.

Nichts desto trotz muss beobachtet werden, wie sich der Immobilienmarkt diesbezüglich weiterentwickelt. Hierfür gibt es in Braunschweig das Bündnis für Wohnen, dass sich mit dieser Thematik beschäftigen sollte und beispielsweise Erfahrungen aus anderen niedersächsischen Kommunen wie Lüneburg, Göttingen und Norderney zur Zweckentfremdungssatzung bewerten könnte.

Insgesamt ist der Antrag der Linksfraktion zum heutigen Zeitpunkt abzulehnen.“